Das Homännchen

 

 

 

Früher wurden in Lembeck immer wieder Homännchen gehört, aber selten gesehen. Doch einmal hörte ein Bauer wieder das geheimnisvolle „Ho ho“ mitten aus seiner Kuhherde heraus rufen. Schnell kam er näher und sah ein kleines Männchen, das ein weißes Hemd und eine rote Trachtenweste, ein Kamisölchen, trug. Doch im gleichen Augenblick war es auch schon verschwunden.

 

Als er sein Erlebnis am Abend im Gasthof erzählte, hörten ihm die Nachbarn gespannt zu; denn sie wussten von den Erzählungen ihrer Eltern und Großeltern, dass es diese seltsamen Wesen in Lembeck gab. Doch ein junger Bursche lachte den Bauern aus und glaubte ihm nicht. Als der junge Bursche zu nächtlicher Stunde nach Hause lief, hörte er plötzlich von allen Seiten dieses geheimnisvolle „Ho ho“. Ihm wurde angst und bange und er rannte um sein Leben.

 

Als er im Bett lag und sich gerade die Decke über den Kopf ziehen wollte, stand das kleine Männchen mit dem roten Kamisölchen vor ihm. Bevor der Bursche etwas sagen konnte, war es auch schon wieder verschwunden.

 

In Zukunft lachte er nicht mehr, wenn die Bauern über die kleinen Wesen redeten.

 

(Edelgard Moers)

 

Literatur:

 

Robert Komatzki: Der letzte Zwerg in der Heide. In: Heimatkalender der Herrlichkeit

 

Lembeck. Dorsten. Jahrgang 1925. Seite 26

 

Paul Lippick: Das Woachtmännlein in der Wulfener Heide. Dorsten. Jahrgang

 

1926. Seite 39